9. Juli 1986
Zu den Absurditäten der deutsch-deutschen Teilung gehört die Geschichte des Prof. Herbert Meißner aus der DDR. Er war dort stellvertretender Generalsekretär der Akademie der Wissenschaften, außerdem Inoffizieller Mitarbeiter (also Spitzel) der Staatssicherheit.
Aufgrund seiner beruflichen Position war er zudem Reisekader, durfte also auch ins nicht-sozialistische Ausland fahren. Im Sommer 1986 führte ihn sein Weg jedoch nicht nur in eine wissenschaftliche Institution in West-Berlin, sondern in die Bäderabteilung des damaligen Kaufhauses Wertheim am Kurfürstendamm. Dort wurde er erwischt, als er einen Brauseschlauch stahl. Der Hausdetektiv übergab ihn der Polizei, wo Meißner behauptete, im Westen bleiben zu wollen und sich als Überläufer anbot.
Der Professor wurde in die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes in Pullach bei München gebracht und dort einige Tage verhört. Dann aber tauchte Herbert Meißer ab und ein paar Tage später in der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn wieder auf. Von dort wurde er vom ostdeutschen Topanwalt Wolfgang Vogel abgeholt und wieder in die DDR gebracht.
Im Fernsehen der DDR gab Prof. Meißner ein Interview, in dem er behauptete, der Westen hätte ihn in eine Falle gelockt, mit Drogen gefügig gemacht und entführt. Dies glaubten ihm aber nicht mal seine Führungsoffiziere bei der Stasi: Meißner wurde erst in die Psychiatrie gesteckt, verlor seinen Führungsjob in der Akademie und natürlich durfte er auch nicht mehr in die Bundesrepublik reisen. Die DDR-Öffentlichkeit erfuhr davon nichts, denn der angebliche „Fall“ der Entführung konnte noch propagandistisch genutzt werden.
Screenshot: ZDF