
20. Juni 1973, 7. Juli 1976
Mitten in der Lehrter Straße steht ein großes, abweisendes Gebäude mit schmutziger Fassade und vergitterten Fenstern. Die einstige Arrest-Anstalt des Militärs war 1901 eröffnet worden. Sie diente später als ziviles Frauengefängnis.
Berüchtigt wurde das Gefängnis, weil es dort mehrmals Ausbrüche von Gefangenen gab. Spektakulär auch, weil es einer von ihnen gleich zweimal gelang, dem Frauenknast auf ungewöhnlichem Weg zu entkommen: Inge Viett gehörte zur Bewegung 2. Juni, die Anschläge verübte. Später schloss sie sich der RAF an.
Ganz klassisch, mithilfe einer eingeschmuggelten Feile, flüchtete sie erstmals am 20. Juni 1973 durch das vergitterte Fenster eines Fernsehraums im ersten Stock. Draußen versteckte sie sich erst in einer Frauen-WG und nahm dann wieder Kontakt zu ihrer Organisation auf.
Nach erneuter Festnahme im September 1975 kam sie in das gleiche Gefängnis. Schon zu Weihnachten wollte sie wieder abhauen, was aber nicht klappte, Wärter hatten den Ausbruchsversuch entdeckt. Doch am 7. Juli 1976 gelang ihr mit drei weiteren Gefangenen die Flucht, diesmal unter Verwendung eines angefertigten Nachschlüssels. Sie überwältigten zwei Wärterinnen und seilten sich an Bettlaken ab. Mit dabei waren Gabriele Rollnik, Juliane Plambeck und Monika Beberich.
Zwei Jahre später, im Mai 1978, war Inge Viett auch an der Befreiung von Till Meyer (ebenfalls Bewegung 2. Juni) aus der JVA Moabit beteiligt.