
9. November 1918
Im November 1918 tobte bereits seit über vier Jahren der Erste Weltkrieg. Die anfangs so begeisterte Bevölkerung war kriegsmüde, da die Armee des Deutschen Reichs fast nur noch Niederlagen erlitt. Ausgehend vom Kieler Matrosenaufstand entwickelte sich die Novemberrevolution, die innerhalb weniger Tage das ganze Reich erfasste und die Bundesfürsten nach und nach zur Abdankung zwang. Bereits am 7. November war in München die Dynastie der Wittelsbacher gestürzt, und Kurt Eisner hatte das Königreich Bayern als ersten Bundesstaat des Reiches zum Freistaat – also zur Republik – erklärt.
Am Vormittag des 9. November 1918 gab der letzte kaiserliche Reichskanzler Max von Baden den Thronverzicht Wilhelms II. bekannt, ohne dass dieser tatsächlich erfolgt war. Der Kaiser, der sich zu diesem Zeitpunkt im belgischen Spa aufhielt, floh ins niederländische Exil. In der gesamten Stadt kommt es zu Konfrontationen zwischen dem Militär, der Bevölkerung sowie revolutionären Matrosen.
Im Reichstagsgebäude erfuhr der SPD-Politiker Philipp Scheidemann, dass Karl Liebknecht von der MSDP (Mehrheitssozialisten) in Kürze die Räterepublik ausrufen wolle. Daher trat er kurz nach 14 Uhr an ein Fenster nördlich des Hauptportals des Reichstagsgebäudes und rief seinerseits die Republik aus. Unmittelbar darauf kam es wegen der unautorisierten Handlungsweise Scheidemanns zu einem heftigen Streit mit dem SPD-Vorsitzenden Friedrich Ebert, der über Scheidemanns Eigenmächtigkeit empört war, weil er die Entscheidung über Deutschlands künftige Staatsform der Nationalversammlung vorbehalten wollte.
Nachmittags gegen 16 Uhr proklamierte Karl Liebknecht im Lustgarten vor dem Berliner Stadtschloss die „freie sozialistische Republik Deutschland“. Er sprach auf dem Dach eines Wagens stehend. Nach der Erstürmung des Schlosses sprach Liebknecht vom großen Fenster des Portals IV im ersten Stockwerk ein weiteres Mal.
Noch ausführlicher als über Scheidemanns Rede berichteten die Berliner Zeitungen über die Proklamation Liebknechts. Dennoch entfaltete seine Aktion keine nachhaltige Wirkung, da der linke Flügel der Revolutionäre nicht über eine ausreichende Machtbasis verfügte und nach der Niederschlagung des Spartakusaufstands im Januar 1919 weiter an Einfluss verlor.
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