Einsturz eines S‑Bahn-Tunnels

Der eingestürzte Tunnel

20. August 1935

Anfang der 1930er Jahre wurde überall in Berlin neue Infra­struktur errichtet. Dazu gehörte auch die Nordsüd-S-Bahn. Sie sollte den Anhalter Bahnhof mit dem Stet­tiner Bahnhof (später Nord­bahnhof) verbinden, ging aber in beiden Rich­tungen noch darüber hinaus.

Heute wird teil­weise behauptet dass es Druck von der Nazi­füh­rung gab, die Strecke schneller als geplant fertig werden müsste, um während der Olym­pi­schen Spiele 1936 genutzt werden zu können. Da der Bau erst 1934 begonnen hatte und auf mindes­tens vier Jahren Bauzeit ange­legt wurde (daraus wurden fünf Jahre – wir sind schließ­lich in Berlin), wäre eine solche Beschleu­ni­gung kaum machbar gewesen. Aller­dings konzen­trierte man sich beim Bau auf den Stre­cken­ab­schnitt zwischen dem Stet­tiner Bahnhof und dem Bran­den­burger Tor. Dieser sollte am 26. Juli 1936 in Betrieb genommen werden, also unmit­telbar vor den Olym­pi­schen Spielen.

Zur Mittags­zeit des 20. August 1935 geschah auf der Baustelle ein Unglück. Unter der Hermann-Göring-Straße (heute: Ebert­straße) in Höhe der Einmün­dung der Behren­straße fiel die Baustelle plötz­lich in sich zusammen. Eine Spund­wand brach, die Stahl­pfeiler bogen sich nach innen, auf 60 Metern Länge stürzte die provi­so­ri­sche Abde­ckung ein, tonnen­weise wurden Sand, Eisen­träger, Kräne, Stra­ßen­bahn­gleise und Baubuden in die Tiefe gezogen. Die Ursache des Tunnel­ein­sturzes war vermut­lich eine falsche stati­sche Berech­nung der Spund­wände.

Vier Arbeiter konnten noch am Tag des Unglücks lebend geborgen werden, die Leichen der anderen 19 wurden in den folgenden Tagen aus den Trüm­mern geholt. Mehrere hundert Mann arbei­teten elf Tage rund um die Uhr, Feuer­wehr, Wehr­macht, Arbeits­dienst und Tech­ni­scher Nothilfe und auch ein Spezi­al­trupp von Berg­ar­bei­tern aus dem Ruhr­ge­biet, um einen Stollen zu den Verschüt­teten vorzu­treiben.

Foto: Berliner Feuer­wehr