Todesschuss mit Folgen

1967: Der erschossene Benno Ohnesorg

2. Juni 1967

Dieses Datum ging in die Geschichte ein, weil erst­mals ein Demons­trant von der Polizei erschossen wurde. Schon am Vormittag hatte es vor dem Rathaus Schö­ne­berg Ausein­an­der­set­zungen gegeben. Das Rathaus war damals Sitz des West-Berliner Senats und dorthin kam der Schah von Persien, Reza Pahlavi, zu einem Staats­be­such. Der Schah war aufgrund seines dikta­to­ri­schen Regie­rungs­stils inter­na­tional in der Kritik. Der Sozia­lis­ti­sche Deut­sche Studen­ten­bund orga­ni­sierte eine Kund­ge­bung vor dem Rathaus, um gegen die Diktatur in Persien (heute: Iran) zu protes­tieren. Denen gegen­über standen nicht nur Poli­zisten, sondern auch über 100 Jubel­perser, die mit Knüp­peln bewaffnet waren. Nach dem Eintreffen des Schahs gingen sie mit Holz­latten und Stahl­rohren auf die Demons­tranten los, wobei sie zahl­reiche Menschen verletzten, einige schwer. Die Poli­zisten standen direkt daneben und griffen nicht ein.

Nach dieser Erfah­rung war die Stim­mung am Abend ange­spannt, aller­dings nicht aggressiv, als der Schah zu einem Besuch an der Deut­schen Oper in Char­lot­ten­burg vorfuhr. Wieder gab es eine Demons­tra­tion vor Ort, die diesmal von der Polizei nieder­ge­knüp­pelt wurde. Sie kesselte die Protes­tierer ein und schlugen von allen Seiten auf sie ein. Die Polizei setzte auch Wasser­werfer und Tränengas ein, dutzende Demons­tranten wurden verletzt. Zivile Greif­trupps jagten denje­nigen hinterher, die es geschafft hatten, zu fliehen. Dabei wurde im Hof der Krummen Straße 66 der 26-jährige Student Benno Ohnesorg erschossen. Er wurde bereits von drei Poli­zisten fest­ge­halten, als ihn der Zivil­be­amte Karl-Heinz Kurras aus einein­halb Meter Entfer­nung in den Hinter­kopf schoss. Ohnesorg starb auf dem Weg ins Kran­ken­haus Moabit.

2009, fünf Jahre vor dem Tod von Kurras, wurde bekannt, dass er bereits seit 1955 Inof­fi­zi­eller Mitar­beiter der DDR-Staats­si­cher­heit war und die ganze Zeit über Interna aus der Krimi­nal­po­lizei berichtet hat. Kurz nach der Erschie­ßung been­dete die Stasi die Zusam­men­ar­beit mit ihm.

Die grund­lose Ermor­dung Ohnes­orgs löste in der Bundes­re­pu­blik und West-Berlin eine fatale Entwick­lung aus. Viele Studenten und auch prole­ta­ri­sche Jugend­liche radi­ka­li­sierten sich und wandten sich vom Staat ab. Die terro­ris­ti­schen Gruppen Rote Armee Frak­tion (RAF) sowie Bewe­gung 2. Juni bezogen sich direkt auf diese Tat, die allge­mein als Hinrich­tung betrachtet wurde.