16. November 1976
Der Liedermacher Wolf Biermann war 1953 aus der Bundesrepublik nach Ost-Berlin umgesiedelt. Anfangs noch auf der politischen Linie der DDR, wandelte er sich im Laufe der Jahre zu einem Kritiker der stalinistischen Politik. Ab 1965 war er deshalb mit einem Auftrittsverbot belegt. Auch durften in der DDR keine Schallplatten von ihm erscheinen. Stattdessen veröffentlichte er diese in der Bundesrepublik, aufgenommen in seinem Wohnzimmer in der Chausseestr. 131 in Mitte.
Als Biermann im November 1976 die Genehmigung bekam, zu einer Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes nach Köln zu reisen, rieten ihm Freunde ab, weil sie befürchteten, was dann auch geschah: Drei Tage nach seinem Konzert am 13. November, wurde in der Presse sowie im Fernsehen der DDR bekanntgegeben:
„Die zuständigen Behörden der DDR haben Wolf Biermann, der 1953 aus Hamburg in die DDR übersiedelte, das Recht auf weiteren Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik entzogen.„
Die Genehmigung der Ausreise sowie die Ausbürgerung waren direkt von Staatschef Erich Honecker im Politbüro der SED durchgesetzt worden. Wolf Biermann hatte nicht mit seiner Ausbürgerung gerechnet.
Im Nachhinein verursachte diese Ausbürgerung der DDR-Führung einen großen politischen Schaden. Mehrere KünstlerInnen des Landes verfassten eine Resolution, in der sie an die DDR-Führung appellierten, die Ausbürgerung Biermanns „zu überdenken“. Zahlreiche Schriftsteller, Schauspieler und bildende Künstler schlossen sich in den folgenden Tagen der Resolution an. Allerdings gab es auch einige Künstler, die die Maßnahme der Regierung unterstützten.
Die UnterzeichnerInnen der Resolution waren danach in den meisten Fällen staatlichen Repressionen ausgesetzt. Manche erhielten keine Auftritts- oder Veröffentlichungsmöglichkeiten mehr. Katharina Thalbach, Manfred Krug, Thomas Brasch, Eva-Maria Hagen und ihre Tochter Nina verließen daraufhin die DDR, andere wie der Schriftsteller Jürgen Fuchs und die Musiker Gerulf Pannach und Christian Kunert kamen erst mehrere Monate in Haft und wurden dann nach West-Berlin abgeschoben. Schriftsteller wie Stefan Heym konnten nur noch im Westen veröffentlichen.
Bis zur Maueröffnung im November 1989 durfte Wolf Biermann die DDR bis auf eine einzige Ausnahme nicht mehr betreten: Für einen Besuch bei dem todkranken Robert Havemann erhielt er im April 1982 unter strengen Auflagen eine einmalige Genehmigung zur Einreise in die DDR. 2007 wurde Biermann zum 115. Ehrenbürger von Berlin ernannt.
Foto: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Lanz, Christian / Com_L29-0034–0002-0005 / CC BY-SA 4.0