Märzkämpfe

Schauplatz des Massakers an 29 Matrosen

3. März 1919, 11. März 1919

Nach der Novem­ber­re­vo­lu­tion 1918 und dem Spar­ta­kus­auf­stand im Januar 1919 blieb die poli­ti­sche Lage in Berlin instabil. Die sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Reichs­re­gie­rung arbei­tete weiterhin mit den rechts­extremen Frei­korps zusammen, die vor allem gegen die neu gegrün­dete Kommu­nis­ti­sche Partei (KPD), die roten Matrosen und andere revo­lu­tio­näre Gruppen vorging.
Vor allem nach der Ermor­dung von Rosa Luxem­burg und Karl Lieb­knecht am 15. Januar kam es in der gesamten Stadt ständig zu Kämpfen. Die Kommu­nisten versuchten, Rechte der Arbei­ter­schaft sowie die Exis­tenz der Arbeiter- und Solda­ten­räte durch­zu­setzen.

In Voll­ver­samm­lungen der Berliner Arbei­ter­räte am 26. und 28. Februar wurde mit großer Mehr­heit, also auch mit Unter­stüt­zung durch linke Sozi­al­de­mo­kraten, eine Reso­lu­tion ange­nommen, die gegen das bishe­rige Verhalten der Weimarer Natio­nal­ver­samm­lung protes­tierte und den Kampf um die Forde­rungen der Novem­ber­re­vo­lu­tion beschwor.
Während der Versamm­lung am 3. März wurde in zahl­rei­chen Betrieben die Arbeit nieder­ge­legt. Es kam zum Gene­ral­streik, in dem u.a. folgende Punkte als Streik­ziel defi­niert wurden:

  • Aner­ken­nung der Arbeiter- und Solda­ten­räte als wirt­schaft­li­cher Faktor
  • Frei­las­sung aller poli­ti­schen Gefan­genen
  • Aufhe­bung der Stand­ge­richte
  • Sofor­tige Auflö­sung der Frei­wil­li­gen­korps
  • Umwand­lung der bestehenden Gerichte in Volks­ge­richte
  • Wieder­auf­nahme der Bezie­hungen zur Sowjet­re­pu­blik
  • Abur­tei­lung der Haupt­schul­digen am Krieg vor einem Revo­lu­ti­ons­tri­bunal.

Am selben Tag verhängte das Preu­ßi­sche Staats­mi­nis­te­rium über Berlin den Bela­ge­rungs­zu­stand. Reichs­wehr­mi­nister Gustav Noske (SPD) gab den Befehl aus: „Jede Person, die mit der Waffe in der Hand, gegen Regie­rungs­truppen kämp­fend, ange­troffen wird, ist sofort zu erschießen.“

Am Alex­an­der­platz kam es an diesem Tag zu ersten Gefechten zwischen bewaff­neten aufstän­di­schen Gruppen und Einheiten der Frei­korps. Die Matrosen gaben im Mari­ne­haus am Märki­schen Ufer Waffen aus. In den folgenden Tagen verla­gerten sich die Kämpfe in die Straßen nörd­lich und östlich des Alex­an­der­platzes, vor allem entlang der Prenz­lauer Allee und der Großen Frank­furter Straße (heute: Karl-Marx-Allee) sowie der Frank­furter Allee bis nach Lich­ten­berg. Es gab jedoch auch Stra­ßen­kämpfe und mili­tä­ri­sche Ausein­an­der­set­zungen in den Stadt­teilen Prenz­lauer Berg, Spandau, Moabit und Neukölln. Betei­ligte auf Seiten der Aufstän­di­schen waren Teile der Repu­bli­ka­ni­schen Solda­ten­wehr, Volks­ma­ri­ne­di­vi­sion, Mitglieder des KPD-nahen Roten Solda­ten­bundes und viele bewaff­nete Zivi­listen.

Insge­samt kamen bei den soge­nannten März­kämpfen in der Reichs­haupt­stadt rund 1.200 Menschen ums Leben. Symbo­lisch steht dafür die Erschie­ßung von 29 Matrosen am 11. März 1919 im Hof des Gebäudes Fran­zö­si­sche Str. 32 in Mitte. Sie gehörten zur Volks­ma­ri­ne­di­vi­sion, die auf Seiten der Aufstän­di­schen standen. 250 der Matrosen wurden von Reichs­wehr­sol­daten unter dem Kommando eines Leut­nants Otto Marloh einge­kes­selt. Er wählte 30 will­kür­lich aus und ließ sie mit Maschi­nen­ge­wehren exeku­tieren. Nur einer über­lebte. Marloh kam deswegen vors Kriegs­ge­richt, wurde aber frei­ge­spro­chen.

In der Zeit­schrift Welt­bühne resü­mierte Kurt Tucholsky im Dezember 1919 unter seinem Pseud­onym Ignaz Wrobel den Prozess und nannte beim Namen, was der Tod der Matrosen eigent­lich war: 29-facher Mord.