
1. Mai 1929
Mindestens 33 Menschen sind am 1. Mai 1929 von der Polizei getötet worden. Viele von ihnen hatten sich an Demonstrationen beteiligt, die hauptsächlich von der Kommunistischen Partei (KPD) organisiert worden sind. Karl Zörgiebel, der sozialdemokratische Polizeipräsident von Berlin, hatte schon lange vorher sämtliche Demonstrationen verboten. Die KPD hielt jedoch am Aufruf für ihre Maikundgebungen fest. In seiner Parteizeitung Vorwärts forderte Zörgiebel deshalb die Arbeiter auf, am 1. Mai nicht zu demonstrieren, die KPD plane Aufruhr auf Befehl Moskaus und nehme zahlreiche Tote in Kauf. Doch für die Toten war letztlich er selber verantwortlich.
Am Morgen des 1. Mai sammelten sich an zahlreichen Stellen in den Arbeitervierteln insgesamt etwa 8.000 Demonstranten, allerdings nirgends mehr als 500. Die Polizei prügelte diese Ansammlungen mit dem Schlagstock auseinander. Im Laufe des Vormittags eskalierten die Auseinandersetzungen, als die Polizisten vermehrt auf Demonstranten und auch auf unbeteiligte Passanten schoss.
Am Nachmittag konzentrierten sich die Kämpfe vor allem im Wedding rund um die Kösliner Straße sowie in Neukölln am Hermannplatz. Am Nachmittag wurde als Hindernis für Polizeifahrzeuge in der Kösliner Straße eine kleinere Barrikade errichtet. Die Polizei setzte gegen Abend gepanzerte Fahrzeuge mit Maschinengewehren ein. Der Einsatz dieser Fahrzeuge war eigentlich nur bei Widerstand mit Schusswaffen vorgesehen. Stattdessen schossen die Beamten auf alle Menschen, die sich blicken ließen, selbst wenn sie nur aus dem Fenster schauten. Allein hier wurden bis zum 3. Mai mindestens 29 Menschen erschossen und 200 verletzt. Unter den Toten waren auch Journalisten und Politiker, die nicht der KPD nahestanden, sondern einfach nur die Lage beobachteten.
Entgegen der Behauptung der Polizei, dass die Demonstranten mit Schusswaffen Gegenwehr geleistet hätten, wurde nachgewiesen, dass kein einziger Polizist eine Schussverletzung erlitten hatte. Der Munitionsverbrauch der Polizei lag nach offiziellen Angaben bei etwa 11.000 Schuss. Eine amtliche Untersuchung der Polizeiübergriffe fand nicht statt, kein Polizist wurde angeklagt.
Foto: Bundesarchiv, Bild 102–07707 / CC-BY-SA 3.0