27. Februar 1943
Als Fabrikaktion wird die Verhaftung der bis dahin von der Deportation verschonten letzten Berliner Juden bezeichnet, die bis zum 27. Februar 1943 noch in Berliner Rüstungsbetrieben oder von der jüdischen Kultusvereinigung zwangsbeschäftigt waren. Der Begriff Fabrikaktion wurde erst nach 1945 von Opfern geprägt. Die Gestapo selbst bezeichnete die Razzia, die sich nicht auf Berlin beschränkte, intern als Großaktion Juden.
Im September 1942 waren noch 75.800 jüdische Deutsche in rüstungswichtigen Betrieben zur Zwangsarbeit eingesetzt gewesen. Hitler drängte am 22. September 1942 darauf, die verbliebenen Juden in den Rüstungsbetrieben durch andere Zwangsarbeiter zu ersetzen. Daraufhin wurde das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) tätig und veranlasste mehrere Transporte nach Riga und ins KZ Auschwitz-Birkenau. Anfang 1943 waren noch rund 15.100 jüdische Zwangsarbeiter in Berlin registriert.
Gestapo und bewaffnete SS-Angehörige riegelten am Morgen des 27. Februars in Berlin schlagartig etwa 100 Betriebe ab und transportierten die Verhafteten auf offenen Lastkraftwagen zu vorbereiteten Sammelstellen. Andere Juden, die durch den Judenstern kenntlich waren, wurden von der Schutzpolizei auf offener Straße verhaftet. Später durchsuchte die Gestapo Wohnungen und nahm die jüdischen Bewohner mit. Insgesamt wurden bei dieser Großrazzia in Berlin etwa 11.000 Juden inhaftiert. Weitere 4.000 konnten sich der Verhaftung entziehen und untertauchen. Vermutlich, weil die Aktion im Vorfeld durchgesickert war.
Als Sammellager in Berlin dienten:
- der Saal im Konzerthaus Clou in der Mauerstraße (Mitte)
- eine Fahrzeughalle der Hermann-Göring-Kaserne (Wedding)
- Pferdeställe der Rathenower Kaserne in der Feldzeugmeisterstraße (Moabit)
- die Synagoge in der Levetzowstraße (Moabit)
- das jüdische Altersheim in der Großen Hamburger Straße (Mitte)
- das Gebäude der Jüdischen Gemeinde in der Rosenstraße (Mitte)
Doch die Deportation der Festgenommenen lief nicht so reibungslos, wie sich das die Gestapo und SS gedacht haben: Vor dem Sammellager in der Rosenstraße, wo etwa 2.000 Personen festgehalten wurden, versammelten sich rund eine Woche lang Tag und Nacht bis zu 600 nichtjüdische Verwandte oder Ehefrauen der Verhafteten. Sie protestierten lautstark und forderten die Freilassung ihrer Partner.
Fast alle Inhaftierten wurden daraufhin ab dem 6. März wieder entlassen. Offensichtlich wollten die Nazis, die Anfang Februar die Schlacht von Stalingrad verloren hatten, keine Unruhe in der Bevölkerung an der „Heimatfront“, falls die die Proteste in der Rosenstraße zusammengeschossen hätten.
- Das Schicksal der Berliner Juden während der Nazizeit
- 1933: Berufsverbote für Juden
- 1938: Die „Polenaktion“
- 1938: Pogromnacht
- 1939: Reichsvereinigung der Juden
- 1940: Hetzfilm „Der ewige Jude“
- 1941: „Endlösung der Judenfrage“
- 1941: Deportationen in den Tod
- 1942: Wannsee-Konferenz
- 1943: Fabrikaktion und Rosenstraßen-Protest
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