Er ist schwul und das ist auch gut so

Klaus Wowereit

10. Juni 2001

Klaus Wowe­reit trat bereits mit 19 Jahren in die SPD ein und machte die Ochsen­tour durch die Partei. Ab 1979 wurde er Mitglied der Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung Tempelhof, fünf Jahre später Bezirks­stadtrat. 1995 kam er ins Abge­ord­ne­ten­haus und wurde gleich zum stell­ver­tre­tenden Vorsit­zenden und 1999 zum Vorsit­zenden der SPD-Frak­tion gewählt.
Damit war er endgültig im Fokus der Berliner Öffent­lich­keit ange­langt. Als er im Früh­jahr 2001 nach dem Banken­skandal und dem Bruch der Koali­tion mit der CDU für das Amt des Regie­renden Bürger­meis­ters antreten wollte, war abzu­sehen, dass es in bestimmten Medien eine Schlamm­schlacht um ihn geben würde. Zwar wusste viele Poli­tiker und Medi­en­leute von Wowe­reits Homo­se­xua­lität, bisher hatte er sie aber nicht öffent­lich gemacht. Dies drohte nun aber von der Boule­vard­presse und deshalb ging er in die Offen­sive.

Am 16. Juni 2001 war der Termin zur Wahl des neuen Senats im Abge­ord­ne­ten­haus ange­setzt. Die SPD wollte zusammen mit der PDS (heute: Linke) und Bündnis 90/​Die Grünen eine neue Koali­tion bilden, was vor allem der rechten Presse nicht passte.
Kurz vorher, auf dem Sonder­par­teitag der SPD am 10. Juni sagte Wowe­reit auf dem Podium öffent­lich: „Ich bin schwul und das ist auch gut so“.

Damit war Wowe­reit der erste deut­sche Spit­zen­po­li­tiker, der sich so offen zu seiner Homo­se­xua­lität bekannte. Erst danach trauten sich auch andere Poli­tiker, diesen Schritt zu gehen, wie Guido Wester­welle (FPD), Ole von Beust oder Jens Spahn (beide CDU). Andere Poli­tiker wie Fried­rich Merz meinten jedoch, dieses Coming out schade dem im Grund­ge­setz veran­kerten Fami­li­en­bild.

Klaus Wowe­reit wurde dann aufgrund seiner Locker­heit eher negativ als „Party-Bürger­meister“ diffa­miert. Wirk­liche Gegner machte er sich aber aufgrund seiner extremen Spar­po­litik. Als er Ende 2014 sein Amt als Regie­render Bürger­meister nieder­legte, war er dienst­äl­tester Regie­rungs­chef eines deut­schen Bundes­landes.

Foto: Kaklotter /​ CC BY 3.0